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Genf. Ein Büro im Stadtzentrum, hinter dessen Scheiben
sich zwölf Jahre nichts bewegt hat. Es wurde verlassen,
jedoch nicht aufgelöst. Die Menschen, die täglich
an diesem Ort vorbeigegangen sind, erzählen. Es ergibt
sich ein Bild, bei dem die Wahrheit aus dem Fokus gerät.
Dokumentarfilm, DV Cam, 28 min,
D 2003
nominiert für den Deutschen Kurzfilmpreis 2003
Regie: Kamal Aljafari
Kamera: Giuliano Vece
Schnitt: Andreas Menn, Kamal Aljafari
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Visit Iraq
Die Videoarbeit von Kamal Aljafari kreist um einen auf den
ersten Blick entfunktionalisierten Raum in Genf, dem aufgelassenen
Büro der Fluggesellschaft Iraqi Airways. Aus der Perspektive
eines Passanten zeigt die Kamera dabei das ehemalige Büro
von aussen und seine unmittelbare Umgebung in einem wenig
frequentierten Ortsteil von Genf. Nur der in arabisch und
englisch gehaltene Schriftzug von Iraqi Airways auf der verstaubten
Fensterscheibe erinnert noch an die ursprüngliche Bestimmung
des Büros. Die fehlende Möglichkeit jeder darüberhinaus
eindeutig klärenden Zuschreibung des seit Jahren leerstehenden
Raumes hat ihn zur Projektionsfläche imaginativer Spekulationen
über seine Funktion und Bedeutung werden lassen, die
in den Aussagen dazu befragter Anrainer ihren Ausdruck finden.
Davon lässt sich die Behaup- tung einer imaginativen
Aufladung des Raumes durch die anhaltende Absenz klärender
Wahrnehmungsvorgaben ableiten. Die fehlende Eindeutigkeit
seiner Bestimmung und Funktion im Verein mit der Exotik des
unverstehbaren Fremden führen zu einer Irritation im
Gefüge eines auf bekannte Codes und Zuordenbarkeit gegründeten
urbanen Selbstverständnisses. In dem Umfang, in dem das
Fremde sich einer zufriedenstellenden Klärung seines
Wesens widersetzt, diese Fremdheit durch fortwährende
Präsenz ausdrücklich behauptet, in demselben Umfang
stellt es Identitätsfragen. Kamal Aljafari zitiert Anton
Shammas, einen in Amerika lebenden palästinensischen
Autor: "(...) identity (...) is a noise, a noise that interferes
with the messages that we transmit and receive. Its hardly
audible to the others, but we hear it loud and clear. Yet,
its not the kind of noise that bothers us; on the contrary,
it gives us a sense of reality, a measure of empowerment,
it adds "room tone" to the otherwise hyper-real world around
us". (Identität ist ein Geräusch, ein Geräusch,
das sich in die Botschaften mischt, die wir aussenden und
empfangen. Es ist für andere kaum hörbar, aber wir
hören es laut und deutlich. Dennoch, es ist nicht die
Art Geräusch, die uns stört; im Gegenteil, es gibt
uns eine Vorstellung von Realität, vom Ausmaß unserer
Möglichkeiten, es fügt der sonst so hyperrealen
Welt, die uns umgibt, einen "Raum-Ton" hinzu).
Kathrin Rohmberg
in der Publikation "Wir müssen
heute noch an Ihr Vorstellungsvermögen appellieren,
um im Namen der Kunst vor- und rücksichtslos den Raum
zu behaupten, in dem Sie oder wir uns gedrängt haben.
Mit welchem Recht, fragen Sie jetzt sicherlich." anlässlich
gleichnamiger Ausstellung;
09.05.2003 - [?].06.2003, Kölnischer Kunstverein, Köln |
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